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Licht-Raum-Modulator

Philine Sollmann, Frank Thinius
Gestalten mit Licht Lichtformer

Was bedeutet eigentlich »modulieren«?

Das sagt der Duden:
1.  a)  gestaltend abwandeln, abwandelnd gestalten
(bildungssprachlich)
b) den Klang, die Stimme, Sprache, Intonation etc. zum Zweck des [kunstgerechten] Ausdrucks abwandeln, abwandelnd gestalten
(besonders in der Musik und Rhetorik)

Zwei Aspekte spielten eine zentrale Rolle in der Arbeit des Bauhaus-Lehrers László Moholy-Nagy: das systematische Studium von Materialien und ihren Eigenschaften und die Untersuchung der Möglichkeiten, Licht als gestalterisches Instrument einzusetzen. Bei der Entwicklung seines 1930 fertiggestellten Licht-Raum-Modulators machte er sich beides zunutze, sein Wissen und seine Sensibilität für Materialwirkungen und für Lichtphänomene. 

Historische Einordnung

Aus: László Moholy-Nagy: sehen in bewegung. Edition Bauhaus 39, Spector Books, Leipzig, 2014.
Übersetzt nach der amerikanischen Originalausgabe von vision in motion, die 1947 bei Paul Theobald, Chicago erschienen ist.

Seite 12:
»Sehen in Bewegung ist simultanes Begreifen. Simultanes Begreifen ist schöpferische Leistung – Sehen, Fühlen und Denken in Bezug zueinander, nicht in einer Reihe isolierter Erscheinungen. Es integriert und verwandelt sofort Einzelelemente in ein zusammenhängendes Ganzes. Das gilt für das physische Sehen ebenso wie für das abstrakte. 
Sehen in Bewegung Ist ein Synonym für Gleichzeitigkeit und Raum-Zeit; ein Mittel zum Verständnis der neuen Dimension.
Sehen in Bewegung ist Sehen, während man in Bewegung ist.
Sehen in Bewegung heißt Gegenstände in Bewegung sehen, sei es in der Wirklichkeit oder in visuellen Darstellungen wie denen des Kubismus und Futurismus. Bei Letzterem bildet der Betrachter, angeregt durch die besonderen Mittel der Darstellung, in seinem Geist und in seinen Gefühlen selbst die ursprüngliche Bewegung nach.
Sehen in Bewegung bedeutet auch Planen, die zukunftsgerichtete Dynamik unserer visionären Begabungen.«

 Seite 198:
»Ein Lichtmodulator ist der zweite Schritt beim Erlernen der Elemente der Fotografie. Die Funktion des Lichtmodulators ist es, Licht einzufangen, es zu reflektieren und zu modulieren. Eine ebene Fläche moduliert kein Licht, sondern reflektiert es nur. Jeden anderen Gegenstand mit konkav-konvexen oder faltigen Oberflächen kann man als Lichtmodulator bezeichnen, da er das Licht je nach seiner Beschaffenheit und nach der Hinwendung seiner Oberflächen zur Lichtquelle mit verschiedener Intensität zurückwirft. 

Wenn Lichtstrahlen auf einen Gegenstand treffen, werden manche zurückgeworfen, andere geschluckt, und einige durchdringen ihn (falls er durchsichtig ist). Wenn die Substanz durchscheinend ist, werden die Strahlen hauptsächlich gestreut. 

Ein menschliches Gesicht kann man als Lichtmodulator begreifen. Auf einem Gesicht zeigen sich nur wenige ebene, dafür aber hauptsächlich zusammengesetzte krumme Flächen. Oberfläche, Textur und Farbe eines Gesichts hängen vom Alter einer Person ab, es gibt unzählige Abstufungen von der Haut eines Säuglings zu der eines alten Mannes. Dann sind da noch die Augen, der Kinn- oder Schnurrbart, die Haare, die Augenbrauen und Wimpern, die Lippen und die Zähne, die mannigfachen Variationen von Licht und Schatten des Ohres – all das stellt ein Problem der Lichtmodulation dar. In seiner Vielschichtigkeit eignet sich das Gesicht hervorragend zur Untersuchung der Lichtmodulation. Wie schon gesagt, ist ein Porträt für den Anfänger aber auch eine ziemlich schwierige fotografische Aufgabe. Eher ratsam ist, dass Anfänger einfache Lichtmodulatoren aus Papier, Blechen, Kunststoffen oder anderen Materialien herstellen, die sich riefen, rollen, biegen, formen oder schneiden lassen, um so verschiedene lichtmodulierende Oberflächen zu erzeugen.« 
Bauhaus Archiv Berlin, Museum für Gestaltung, die Sammlung

Seite 232:
»Es ist sogar vorauszusehen, daß diese und ähnliche Lichtspiele durch Radio übertragen werden. Teilweise durch Fernsehprospekte, teilweise als reale Lichtspiele, indem die Empfänger selbst Beleuchtungsapparate besitzen, die von der Radiozentrale mit elektrisch regulierten Farbfiltern ferngelenkt werden.«
László Moholy-Nagy, 1930

»Das Licht in seiner Struktur zu erfassen und dessen Raum-Zeit-modulierende Kraft in materialer Existenz sichtbar zum machen […] Die historische Bedeutung des Licht-Raum-Modulators liegt im Übergang von der statischen zur kinetischen Gestaltung.«

Hannah Weitemeier (zitiert nach Rainer K. Wick: Bauhaus Kunstschule der Moderne, Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit, 2000, Seite 138)

»Architektur ist das kunstvolle, korrekte und großartige Spiel der unter dem Licht versammelten Baukörper.«

Le Corbusier