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Baukasten im Großen

Johannes Siebler
Häuserforscher Raumskulptur Architekturwettbewerb

Baukastensysteme am Bauhaus


Die unterschiedliche Kombination einzelner Bausteine zu neuen Formen kann als eine der grundlegenden Gestaltungsideen des Bauhauses verstanden werden. Das Tauschen und Verändern der Bauteile wurde als ein Schlüssel zur Rationalisierung des Entwurfsprozesses gesehen. Dieser Ansatz wird in der Kombinationsteekanne von Theodor Bogler, dem Schiffbauspiel von Alma Siedhoff-Buscher oder der ikonischen Wagenfeld-Lampe sichtbar. Ein Beispiel für dieses Prinzip in der Architektur ist der »Baukasten im Großen« von Walter Gropius. Er ermöglicht es, aus sechs standardisierten Raumkörpern unterschiedliche Gebäudeformen zusammenzusetzen.

Gropius erkannte, dass es an billigen und qualitätsvollen Bauten mangelte, die jeder Familie eine gesunde Lebensbasis bieten könnten. Um das Wohnungsproblem zu lösen, wollte er mit Hilfe des technischen Fortschritts Gebäude als Massenprodukte fertigen lassen und sich von traditionellen Baumethoden trennen. In Fabriken sollten einzelne Raumkörper auf Vorrat industriell gefertigt werden, um diese am Bauplatz zusammenzufügen. Gropius verglich seine Idee des Bauens mit dem Zusammensetzen einer Maschine.

Durch die unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten der Raumkörper und ihrer diversen funktionalen Belegung wird versucht, den individuellen Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner gerecht zu werden und gleichzeitig eine Formvielfalt in der Architektur zu erhalten. Ganz bewusst will der Ansatz des »Baukastens im Großen« keine »uniforme Lebensweise und Gestaltung der Wohnhäuser« erzwingen, so Gropius über »Wohnhaus-Industrie« in Adolf Meyers Bauhausbuch Nr. 3 über »Ein Versuchshaus des Bauhauses in Weimar« 1925.

Nachdem sein Baukasten-Entwurf als Wettbewerbsbeitrag für das Haus Am Horn nicht ausgewählt wurde, erhielt Gropius später in Dessau die Möglichkeit, seine Ansätze umzusetzen. Die Baukasten-Idee wird in den Meisterhäusern und im Konzept einer industriellen Fertigung für die Siedlung Dessau-Törten sichtbar. In die Massenproduktion, wie sie Gropius plante, ging sein Prinzip jedoch nicht. Die Idee, Gebäude nach einem Baukastenprinzip zu gestalten, wird aber bis heute immer wieder umgewandelt und eingesetzt.

„Wie weit sodann aus diesen Bauelemente, aus diesem „Baukasten im großen“, gut gestalteter Raum im Bauwerk selbst entsteht, hängt von der schöpferischen Begabung des bauenden Architekten ab. Die Normierung der Teile setzt jedenfalls der individuellen Gestaltung, die wir alle wünschen keine Grenzen, und die Wiederkehr der Einzelteile und der gleichen Materialien in den verschiedenen Baukörpern wird ordnend und beruhigend auf uns wirken, ähnlich wie die Einheitlichkeit unserer Kleidung. Genau wie hier bleibt der Eigenart des Individuums und der Nation genügender Spielraum, sich auszuwirken, doch alles trägt dann den Charakter unserer Zeit.“

Walter Gropius, 1925 in "Meyer, Adolf: Ein Versuchshaus des Bauhauses in Weimar"